Auf einer Mission zum Planeten Erde

Geophysikalische Phänomene greifbar gemacht

Von Alexander Neidhardt

Dr. Schreiber beim Start des Foucault-Pendels

Ein Highlight bot sich zahlreichen Interessierten am vergangenen Donnerstag im komplett überfüllten Sitzungssaal der Fundamentalstation Wettzell, als der Förderverein Geodätisches Informationszentrum Wettzell e.V. zu einem weiteren Vortrag einlud. Dr. habil. Ulrich Schreiber zeigte unter dem Thema „Mission zum Planeten Erde – geophysikalischen Phänomenen auf der Spur“ anschaulich, welchen physikalischen Gegebenheiten unsere Erde kontinuierlich ausgesetzt ist. Parallel dazu konnte der Verein erste Exponate für das geplante Informationszentrum präsentieren, welche von den Mitgliedern in den letzten Wochen restauriert wurden.

Die Vorstellung des Referenten, der als Privatdozent an der Technischen Universität München tätig ist, übernahm der Vorsitzende des Vereins, Dr. Thomas Klügel. Der anschließende Vortrag war besonders darauf ausgelegt, den Zuhörern die Erde in ihren komplexen Zusammenhängen nahe zu bringen. Dabei begann Dr. Schreiber mit der Frage nach der Größe der Erde. Faszinierend hierbei ist, dass bereits ca. 200 Jahre vor unserer Zeitrechnung Erathostenes von Alexandria im alten Ägypten durch Messungen des Schattenwurfs in zwei entfernten Brunnen den Radius der Erde mit einem Fehler von nur 2% errechnet hatte.

Mit einigen weiteren Fakten über die Erde leitete Ulrich Schreiber über zu der Idee, die Rotation der Erde als Sensor für geophysikalische Effekte zu nutzen. Die Besonderheit von rotierenden Systemen ist nämlich, dass auf ihnen beschleunigte Körper durch die sog. Coriolis-Kraft eine Ablenkung erfahren, was sich z.B. in der Drehrichtung von Tiefdruckgebieten widerspiegelt. Darauf basierende Sensoren können so rotationswirksame Massenveränderungen aufdecken. So kam Dr. Schreiber auch zum besonderen Leckerbissen des Vortrags. Zusammen mit dem Vereinsmitglied Michael Wensauer hatte er in mühevoller Kleinarbeit ein Foucault-Pendel nachgebaut, mit dem Leon Foucault 1851 in Paris die Drehgeschwindigkeit der Erde bestimmte. Für heutige Messungen vor allem von Rotationsschwankungen mit millionenfach genaueren Ergebnisse werden Radioteleskop und Ringlaser, an dessen Nutzung für die Geodäsie Dr. Schreiber maßgeblich beteiligt ist, verwendet.

Mit einem Überblick über die Ausbreitung von Erdbebenwellen und deren Aussage über den inneren, geschichteten Aufbau unseres Planeten leitete der Referent über zur Entstehung und Veränderung des Erdmagnetfeldes. Überraschend ist hierbei, dass das durch sog. Konvektionszellen verursachte Feld sogar an einigen Stellen im Erdkern zeitweise gegensätzlich zum herkömmlichen Feld gepolt ist. Mit einem Überblick der sichtbaren Auswirkungen des Magnetfeldes z.B. bei Sonnenwinden endete der Vortrag. Die anschließende Fragerunde und die gemütliche Nachbesprechung fanden reges Interesse.

Leider konnten aufgrund des riesigen Andrangs einige interessierte Besucher nicht an der Veranstaltung teilnehmen, weshalb der Vortrag am nächsten Freitag, den 19.03.2004, um 20:00 Uhr wiederholt wird. Der nächste reguläre Vortrag findet am 22.04.2004 statt und beschäftigt sich mit dem Thema „Von der FLAK zum SOS - Laserentfernungsmessungen in Wettzell“. Referent ist dann Dr. Reiner Dassing. (Infos unter http://www.giz.wettzell.de/


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