GPS - Mehr als nur ein Navigationssystem

Vortrag über das globale Positionierungssystem GPS - Wiederholung Freitag

Von Alexander Neidhardt


Stefan Herbertz mit einer GPS-Antenne

Die Vorträge des Fördervereins Geodätisches Informationszentrum Wettzell e.V. sind fast schon als feste Einrichtung angesehen. Am vergangenen Donnerstag bot sich deshalb zahlreichen Besuchern erneut die Möglichkeit in ein spezielles Thema aus dem Bereich der Geodäsie einzutauchen. Stefan Herbertz, eines der jüngeren Mitglieder des Vereins und Mitarbeiter der Station, meisterte mit seiner Präsentation "GPS – Mehr als nur ein Navigationssystem" seine "Feuertaufe" durch seinen ersten öffentlichen Vortrag im Sitzungssaal der Fundamentalstation Wettzell. Schwerpunkt war die Erläuterung des allgemein als Navigationssystem bekannten globalen Positionierungssystems GPS und der resultierenden Messtechniken.

Nach den einführenden Worten durch den Vereinsvorstand, Dr. Thomas Klügel, begann Stefan Herbertz, der auf der Station mit der klassischen Messtechnik und der Auswertung lokaler GPS-Netze vertraut ist, einen historischen Abriss über die Entwicklungsstufen des "Global Positioning System" zu geben. GPS war ursprünglich ein rein militärisch geplantes System, welches 1960 im "U.S. Navy Navigation Satellites System" (US-NNSS) seinen Ursprung hat. Erst 23 Jahre später konnten aufgrund eines Beschlusses auch zivile Nutzer eingebunden werden, welche jedoch mit einem künstlich verschlechterten Signal ("Selected Availability") auskommen mussten. Diese zum Eigenschutz der USA eingeführten Restriktionen wurden erst im Jahre 2000 endgültige deaktiviert, so dass auch die zivilen Anwendungen Genauigkeiten kleiner als 10 Meter erreichen konnten. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass parallel ein russisches System (GLONASS) mit ähnlichem Messprinzip existiert.

Damit kam Stefan Herbertz zu den zugrundeliegenden Prinzipien. Im sog. Raum-Segment befinden sich in einer Höhe von ca. 20.000 km 27 Satelliten (plus 3 Reserven), welche durch das Kontrollsegment überwacht und verwaltet werden. Die eigentlichen GPS-Empfänger zählen zum Benutzersegment und empfangen die GPS-Nachrichten von den Satelliten. Dabei wird vom Satellit auf eine Trägerfrequenz als eine Art Fingerabdruck eine Zeitinformation aufmoduliert und zum Empfänger gesandt. Der Receiver erzeugt die selbe codierte Information und vergleicht beide miteinander. Anhand der zeitlichen Verschiebungen beider Signale sind Aussagen über die Laufzeit vom Satelliten zum Empfänger und damit die Entfernung zu errechnen. So kann man sich die Ortsbestimmung als Schnitt von drei Kugelflächen um drei Satelliten vorstellen, welcher den exakten Standort als Punkt auf der Erde angibt. Zur Korrektur von Uhreneinflüssen ist zusätzlich die Einbeziehung eines vierten Satelliten nötig.

Natürlich gibt es zahlreiche Störeinflüsse, wie Herbertz erläuterte. Neben Abschattungseffekten, z.B. durch umliegende Gebäude, kann es auch zu Signalbrechungen und -reflektionen kommen. Die Signalbeugung durch die Atmosphäre (Refraktion) stört durch Laufzeitveränderungen zusätzlich, so dass insgesamt nur eine Genauigkeit im Bereich von ca. 50 Meter möglich wäre. Geodätische Empfänger messen deshalb zusätzlich die Trägerphase. Hierbei wird durch Einbeziehen der Anzahl von Periodenwiederholungen der Trägerwelle und der verbleibenden Restperiode bis zum Empfänger eine Messgenauigkeit bis in den Millimeterbereich möglich.

Über die Beobachtungsverfahren in Echtzeit und klassischer Nachverarbeitung mit einzelnen GPS-Empfängern oder im Verbund leitete Stefan Herbertz über zu den nationalen und internationale Diensten, wie z.B. dem International GPS Service (IGS), in denen die Fundamentalstation mit mehr als 50 GPS-Permantentstationen integriert ist. Ziel ist es, Lageveränderungen durch tektonische Bewegungen oder regelmäßige Gravitationsschwankungen permanent zu vermessen. Zur lokalen Vermessung unterhält deshalb die Station ein Footprint-Netz mit fünf Empfängern in umliegenden Dörfern.

Mit einem Ausblick auf mögliche weitere Anwendungsgebiete und dem europäischen Verfahren Galileo schloss Stefan Herbertz seine Präsentation. Die offenen Fragestellungen konnten im Anschluss durch den Stationsleiter, Dr. Wolfgang Schlüter, umfassend geklärt werden. Bei der anschließenden Nachsitzung fanden sich erneut zahlreiche Gäste zu Diskussionsrunden zusammen.

Aufgrund des großen Andrangs wird der Vortrag am Freitag um 20:00 Uhr wiederholt. Wegen dienstlicher Verpflichtungen von Stefan Herbertz wird Dr. Schlüter durch die Präsentation führen. Der nächste reguläre Vortrag findet am 15.07. statt. Dann berichtet Christian Plötz über seine Erfahrungen zur Station O’Higgins in der Antarktis. (Informationen dazu unter: http://www.giz.wettzell.de/)


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