Einblick in die Weite des Weltraums

Vortrag des Fördervereins GIZ - Radioastronomie als Fenster ins All

Von Alexander Neidhardt

Zu allen Zeiten waren die Menschen vom Himmel und den Sternen fasziniert und machten sich Gedanken über deren Natur und Bedeutung. Bekannte Astronomen beobachteten im Laufe der Geschichte den Himmel mit bloßem Auge oder mit Fernrohren, um nähere Einblicke zu erhalten. Doch während sie auf das sichtbare Licht beschränkt waren, gibt es seit etwa Mitte des 20. Jahrhunderts eine Möglichkeit, ein weit umfangreicheres Spektrum an Informationen zu erhalten: die Radioastronomie. Dieses Thema wurde am vergangenen Donnerstag vom Förderverein Geodätisches Informationszentrum Wettzell e.V. aufgegriffen, als Peter Riese vom befreundeten Verein Starkenburg-Sternwarte e.V. aus Heppenheim bei Mannheim über "Radioastronomie - Blick durch ein unsichtbares Fenster in das Weltall" referierte.

Peter Riese vor einer aus astronomischen Beobachtungen errechneten Karte unserer Milchstraße

Der gelernte Elektrotechniker arbeitete im Fernmeldetechnischen Zentralamt Darmstadt als er 1975 Mitglied der Starkenburg-Sternwarte wurde und dort ein Jahr später aktiv in die Radioastronomie einstieg. Bei dieser Form der Himmelsbeobachtung zeichnet man mit Hilfe spezieller Teleskope, welche an große Satellitenempfangsanlagen erinnern, elektromagnetische Wellen auf, welche von Himmelskörpern und der Materie zwischen diesen abgegeben werden. Dabei wird ein wesentlich breiterer Anteil des elektromagnetischen Spektrums abgedeckt, als es bei Beobachtungen der Fall ist, welche sich auf das sichtbare Licht beschränken müssen. So ist es auch verständlich, dass bisher 65 Prozent des Wissens über den Weltraum in der Astrophysik aus radioastronomischen Beobachtungen stammen. So konnte z.B. über die kosmische Hintergrundstrahlung auch ein Indiz für die Urknalltheorie gefunden werden.

Dabei fing alles mehr oder weniger durch zufällige Beobachtungen an. Karl Jansky sollte im Auftrag der Bell Telephone Company die Eignung von Kurzwellen zum Aufbau von transatlantischen Funkverbindungen erforschen. Dabei entdeckte er atmosphärische Störungen nicht irdischen Ursprungs, welche sich in der Intensität annähernd einer siderischen Tagesperiode veränderten. Nach der Veröffentlichung im Jahre 1933 war das Interesse daran jedoch gedämpft. Erst im Jahr 1937 griff der Funkamateur Grote Reber die Entdeckung auf und errichtete auf seinem Privatgrundstück, verlacht von der Öffentlichkeit, das erste Radioteleskop mit einem Durchmesser von 10 Meter. Seine Aufzeichnungen auf Endlospapier ermöglichten es ihm, von 1938 bis 1943 erste Karten von der Milchstraße zu erstellen. Doch erst nach Kriegsende wurde die Technik zu einem allgemein anerkannten "Handwerkszeug" für Astronomen.

Für den Ursprung der in der Radioastronomie aufgezeichneten Strahlung gab Peter Riese drei Möglichkeiten an. Zum einen gibt jeder thermisch angeregte Körper aufgrund der Brownschen Molekularbewegung auch elektromagnetische Wellen ab. Zusätzlich wird bei der Ablenkung von Elektronen in Magnetfeldern die sog. Synchrotronstrahlung erzeugt. Und schließlich bewirken Energieübergänge innerhalb der Atome und Moleküle ebenfalls eine Abstrahlung, welche sich in den Spektren als Spektrallinien bemerkbar machen. Zusammengefasst bedeutet dies, dass durch die Radioastronomie ein vollständigeres Bild der Himmelskörper und ihrer Beschaffenheit gewonnen werden kann, wodurch auch ein detailliertes Bild unserer Milchstraße mit ihren stärksten Strahlungsquellen und einem schwarzen Loch als Zentrum entstand.

Aber auch extragalaktische Objekte können beobachtet werden. Auf der Fundamentalstation Wettzell z.B. werden zum Zwecke der Errechnung von Basislinien zwischen zwei Teleskopen und damit zur Erdvermessung sog. Quasare mit einem Radioteleskop angemessen. Dabei handelt es sich um Galaxiegeburten am Rande des Universums. Eine weitere interessante Entdeckung der Radioastronomie waren die Pulsare, schnell drehende Neutronensterne. Bei diesen Himmelskörpern ist nach dem Ausbrennen der Energieressourcen die gesamte Masse z.B. einer Sonne in wenigen Kilometern Umfang vereint und damit entartet. Die resultierenden, starken Magnetfelder der schnell rotierenden Körper (bis zu 200 Mal in der Sekunde) sind Ursache einer sehr genauen pulsierenden Strahlung, welche wie ein himmlisches Leuchtfeuer auf der Erde auftrifft. Mit einem eindrucksvollen Hörbeispiel konnte Peter Riese die extremen Rotationsgeschwindigkeiten deutlich machen. Ein Überblick zur heute genutzten Technik komplettierte den Vortrag, wobei er auch stolz auf das Teleskop der Starkenburg-Sternwarte hinwies, welches u.a. aus Teilen des auf dem Hohen Bogen demontierten, militärischen Abhörgeräts aufgebaut ist. So kommt die einstige Technik des "Kalten Kriegs" nun einer friedlichen, wissenschaftlichen Nutzung zu Gute.

In einem weiteren Vortrag der Reihe wird am 19. Mai Dr. Johannes Ihde vom Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) aus Frankfurt sich mit der Form der Erde und der Frage "Was haben Apfel, Birne und Kartoffel mit der Form der Erde zu tun?" auseinandersetzen.


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