Der Groβe Arber als Augen der NATO

GIZ-Vereinsausflug in die militärischen Anlagen - anschlieβend Grillfest

Von Alexander Neidhardt

Wie warnende Monumente aus einer längst vergangenen Zeit stehen sie noch auf einigen Bergen entlang der deutschen Ostgrenze - die militärischen Abhör- und Radartürme zum Ausspähen des vermeintlichen Feindes aus dem Wahrschauer Pakt. Und während bis vor gar nicht allzu langer Zeit Generationen von Deutschen mit Parolen wie "Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit" aufgewachsen sind, ist heute für viele junge Menschen dieser Abschnitt der Geschichte nur noch ein Teil aus dem Geschichtsbuch. Viele der oftmals streng geheimen Einrichtungen wurden stillgelegt oder anderen Nutzungen zugeführt. Eine der wenigen noch in Betrieb befindlichen, wenn auch im Rahmen der NATO mit neuen Aufgaben betrauten Anlagen ist jedoch die Einsatzstellung der Bundeswehr auf dem Groβen Arber, die am vergangenen Samstag vom Förderverein Geodätisches Informationszentrum Wettzell e.V im Rahmen eines Vereinsausflugs besichtigt werden durfte.

Zeitzeugen des "Kalten Krieges": die Radartürme auf dem Groβen Arber

Der Vorschlag für eine Besichtigung dieser Einrichtung auf dem 1456 Meter hohen Arber wurde gerne als Ausgangspunkt für einen Vereinsausflug herangezogen. Die Fundamentalstation nutzt nämlich seit einigen Jahren einen der beiden Türme, der seit Einführung eines neuen Radarsystems nicht mehr genutzt wird, für eine dort eingerichtete, permanente Station zur Messung der Global Navigation Satellite Systems (GNSS). Diese Messeinrichtung gehört zum sog. Footprint-Netz der Fundamentalstation zur lokalen Überwachung von geodätischen Veränderungen in der Umgebung von Wettzell. Doch die Ausflugsteilnehmer interessierten sich an diesem Sonntag mehr für den zweiten, noch in Betrieb befindlichen Radarturm, durch den sie Oberfeldwebel Kienberger ausgiebig führte.

Die Besuchergruppe des Fördervereins Geodätisches Informationszentrum Wettzell e.V. vor einem der Radartürme

Erlebnisreich war dabei bereits der untere Eingang zur Anlage, wo man erst mit einem Schräglift bis zur Ausweiskontrolle fahren musste. Nach der Kontrollschleuse und der Einweisung in die ausgehändigten Brandschutzmasken ging es zu einem unterirdischen Shelter, in dem sich der Operatorplatz der Anlage befindet. Dieser dient allerdings nur noch der technischen Kontrolle. Die eigentliche Luftraumüberwachung wird von Freising aus durchgeführt und dient sowohl Aufgaben der NATO als auch zivilen Belangen. Leider war die Anlage an diesem Tag defekt und so konnten nur mit Mühe einige Flugziele auf den Computermonitor des Radargeräts gezaubert werden. Im Normalfall kann man aber ein Gebiet von Polen bis Italien und von der Slowakei bis nach Frankreich abdecken. Doch gerade der Umstand des Defekts war für die Besuchergruppe ein Glücksfall, da man so die Gelegenheit hatte, die immense Antenne in der Kuppel zu besichtigen. Vorbei an den Notstromaggregaten, welche ohne Probleme ein Dorf wie Bayerisch Eisenstein versorgen könnten, führte der Weg über hundert Stufen hinauf in die Kuppel, wo man bei psychedelischer Stimmenakustik staunend vor der ca. 10 mal 10 Meter groβen Radarantenne stand.

Übergabe einer Dankurkunde an Oberfeldwebel Kienberger durch den Vorsitzenden Dr. Thomas Klügel

Zum Abschluss gab es schlieβlich noch einen Abstecher zum Sitz des Deutschen Wetterdienstes, der ebenfalls seinen Platz in der Anlage gefunden hat. Dort wird tagsüber manuell in regelmäβigen Zeitabständen eine Wettermeldung im sog. Synop-Code (für Synoptische Beobachtung, d.h. Wettermeldung) abgesetzt. Sie beinhaltet in wenigen Zahlen das komplette Wettergeschehen. Die Meldungen der verschiedenen Wettermelder werden im Meteorologischen Telekommunikations System Offenbach (MTSO) gesammelt, ausgewertet und via Intranet und Internet international zur Verfügung gestellt.

Mit zahlreichen neu gewonnenen Eindrücken endete damit der Besuch auf dem Arber, und der Tag fand seinen Ausklang bei einem kleinen Grillfest auf dem Gelände der Fundamentalstation Wettzell. Und so bleibt bei aller Technikbegeisterung und bei aller Trauer um die geschlossenen und doch wirtschaftlich so wichtigen Standorte nur zu hoffen, dass die Türme auf den Bergen entlang der Grenze für immer ein Anachronismus für die Zeit des "Kalten Krieges" bleiben mögen.


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