Wie man mit Schall komplexe Navigation simulieren kann

Sehr gut besuchter GIZ-Vortrag zum Thema GPS mit zahlreichen Experimenten

Von Alexander Neidhardt

Gut besucht startete am vergangenen Donnerstag die Vortragsreihe des Fördervereins Geodätisches Informationszentrum Wettzell e.V. ins zweite Halbjahr. Diesmal ging es um ein Thema, das bereits mehrfach Inhalt von Vorträgen war und doch immer wieder viele Interessenten findet: das Navigieren mit dem Globalen Positionierungssystem (GPS). Viele haben heutzutage sei es durch die Autonavigation oder bei Vermessungsarbeiten bereits Bezug zu Anwendungen dieser Technik. Doch das Funktionsprinzip dahinter ist aufgrund seiner Komplexität oft nicht zugänglich. Deshalb wagte sich der Referent Prof. Ulrich Schreiber von der TU München in seinem Vortrag "Moderne Navigationsverfahren - Experimente zur Technik des GPS-Systems" an eine experimentelle Erklärung, die groβen Anklang fand.

Prof. Schreiber bei einem Experiment zur Positionsbestimmung während des Vortrags

Prof. Schreiber ist seit 18 Jahren Mitarbeiter der Fundamentalstation Wettzell und beschäftigt sich hauptsächlich mit Lasertechniken. Nachdem der studierte Physiker im Jahr 1999 habilitert hatte, wurde er im vergangenen Jahr zum auβerplanmäβigen Professor in der Forschungseinrichtung Satellitengeodäsie (FESG) der TU München berufen. Im Rahmen seiner langjährigen Lehrtätigkeit entstanden verschiedene Simulationen, um den Studenten einen leichteren, praxisorientierteren Zugang zur Komplexität der Technik zu ermöglichen. Auf diesem experimentellen Bezug basierte auch der Vortrag, der zuvor als Einstieg aber auch erst die theoretischen Grundlagen vermittelte.

Orientierung war im Laufe der Geschichte immer ein Thema, sei es um Territorien abzustecken, Gefahrenstellen zu meiden oder militärisch, strategische Stellungen entlang wichtiger Handelsstraβen zu sichern. Ptolemäus war hier der erste, der die Gesetzmäβigkeiten der Dreiecksberechnung auf die Geografie anwandte und damit die Vorstufen zur Triangulation legte. Doch erst im 16. Jahrhundert fand eine solche Technik der maβstabsgetreuen Abbildung von vermessenen Punkten eine erste Anwendung in Europa und mündeten 1864 im Vertrag zur "Mitteleuropäischen Gradmessung".

Prof. Schreiber bei seinen Experimenten, in die auch Zuschauer eingebunden wurden

Während man sich auf dem festem Land noch einfacher Landmarken, wie Bergen oder Kirchtürmen, bedienen kann, ist die Orientierung und damit auch die Navigation auf See aufgrund fehlender Marken, unbekannter Strömungen und wechselnder Geschwindigkeiten bedeutend schwieriger aber lebenswichtig. Bei der Navigation bedient man sich heute der Streckenmessung zu bekannten Punkten sei es an Land oder im Himmel. Eine Anwendung dieser Technik kennt jeder vom Radarsystem. Bei diesem Pulslaufzeitverfahren wird ein kurzer Wellenpuls ausgesendet, der an den entfernten Objekten reflektiert wird und zum Sender zurückkehrt. Über die Ausbreitungsgeschwindigkeit und die Laufzeit kann so mittels dieser "Zwei-Wegetechnik" die Entfernung bestimmt werden. Dieses Prinzip ist unter anderem auch Grundlage der Laserentfernungsmessung.

Zur Vereinfachung des Benutzersegments kann aber auch auf die "Ein-Weg"-Streckenmessung zurückgegriffen werden. Jeder nutzt diese Technik beim Beobachten eines Gewitters und der Bestimmung der Entfernung der Blitze. Dabei beobachtet man einen Blitzschlag und zählt anschlieβend die Sekunden bis zum Eintreffen des Donners. Da sich Schall langsamer ausbreitet als Licht ist so eine Entfernungsmessung möglich. Ähnlich verhält es sich auch bei der Satellitennavigation mit Mikrowellentechniken. Ein Satellit mit bekannter Position sendet zu bekannten Zeitpunkten ein Code-Signal aus, welches vom Empfänger ebenfalls zum selben Zeitpunkt generiert wird. Nach Empfang des Satellitencodes werden beide Signale solange in der Zeit verschoben, bis eine maximale Übereinstimmung existiert. Die Verschiebungszeit entspricht dann der Laufzeit und damit einer Entfernungsmessung. Allerdings sind noch zahlreiche Einflussgröβen, wie z.B. unterschiedliche Bezugsysteme, Bahndaten, Erdorientierungs- und -rotationsdaten, zu berücksichtigen.

Nach der ganzen Theorie kam schlieβlich die Praxis. Dazu nutze Prof. Schreiber an Stelle der Mikrowellen hörbare akustische Signale, an Stelle der Satelliten einfache Lautsprecher und an Stelle eines GPS-Empfängers ein Mikrofon. Schritt für Schritt konnte man sich so hörbar an die Funktionsweise heranarbeiten und auch die Probleme dahinter erörtern. Bei der einfachen Entfernungsmessung hörten die Zuschauer z.B. ein kurzes Rauschen, welches vom Mikrofon im Zuschauerraum aufgezeichnet wurde. Der angeschlossene Rechner konnte daraus die Entfernung auf ein bis zwei Zentimeter genau bestimmen. Langsam ging es dann von der Positionsbestimmung in der Ebene zur Demonstration von veränderlichen Einflussgröβen weiter. Prof. Schreiber zeigte dabei eindrucksvoll Atmosphäreneinflüsse, Probleme aufgrund einer ungünstigen Geometrie der Sender zum Empfänger oder auch Mehrwegeausbreitungen aufgrund reflektierter Signale auf.

Der nächste Vortrag findet am 19. Oktober statt und wird sich mit dem Thema Kosmologie befassen. Wie schon im vergangenen Jahr konnte wieder der renommierte Tübinger Professor Hanns Ruder gewonnen werden, der diesmal zu " Dunkler Materie, dunkle Energie (finstere Gedanken) - moderne Entwicklungen in der Kosmologie" spricht. Aufgrund des groβen öffentlichen Interesses wird dieser Vortrag im Haus des Gastes in Kötzting abgehalten.


Bislang erschienen in:
(23.09.2006) jpg
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