Auf geologischen Pfaden in die Tiefen der Oberpfalz

GIZ-Exkursion erneut zur Kontinentalen Tiefbohrung in Windischeschenbach

Von Alexander Neidhardt

Oft schon waren die zuweilen rätselhaften und unbekannten Vorgänge in unserer Erde Anlass zu Spekulationen und Phantasien. Und während sich Schriftsteller wie Jules Verne und seine Kollegen mit blühender Phantasie zum Beispiel auf eine "Reise zum Mittelpunkt der Erde" begaben, um herauszufinden, "was die Welt im Innersten zusammenhält", können heutige Forscher real zu den tiefen Geheimnissen unserer Erde vordringen. Wozu die heutige geologische Forschung fähig ist, zeigt sich unter anderem eindrucksvoll in Windischeschenbach, wo im Rahmen einer Kontinentalen Tiefbohrung (KTB) mittels zweier Bohrungen von 1987 bis 1994 die Geologie unter der Oberpfalz untersucht wurde. Deshalb besuchte am vergangenen Samstag eine Gruppe des Fördervereins Geodätisches Informationszentrum Wettzell e.V. im Rahmen einer Exkursion zum zweiten Mal diesen geologisch interessanten Ort. Besonders erfreulich war dabei auch, dass sich dem Ausflug auch eine Gruppe des Partnervereins Starkenburg-Sternwarte e.V. aus Heppenheim anschloss.

Die Exkursionsgruppe vor dem Aufstieg zum ehemaligen Kontrollraum der Bohrungen

Der stillgelegte und mit seinen 83 Metern immer noch größte Landbohrturm der Welt ist weithin sichtbares Wahrzeichen für eine Tiefbohrung, die viele Erkenntnisse für alle folgenden Bohrprojekte brachte. Mittlerweile hat sich deshalb an seinem Fuße ein sog. GEO-Zentrum als Informations- und Bildungsstätte für geologisch interessierte Besucher etabliert. Darin konnten sich die Exkursionsteilnehmer einen ersten Überblick verschaffen. Mittels einer Filmvorführung führte Kurt Bauer, einer der örtlichen Betreuer, an die Hintergründe des 600 Millionen Mark teuren Großprojekts heran. Das geologische Modell für die Gegend um Windischeschenbach ist besonders wegen seiner Störungssysteme, wie z.B. der "Fränkische Linie" oder der Nahtstelle der beiden Urkontinente Moldanubikum und Saxothuringikum, von großem, geologischem Interesse. Doch darüber hinaus waren die Forscher von den in den großen Tiefen von bis zu 9101 Metern gewonnen Erkenntnissen überrascht. In diesen Tiefen wurden große Wassermengen angetroffen, und Pumpversuche ließen auf eine große Durchlässigkeit schließen. Neben wissenschaftlichen Erkenntnissen konnten weiter neue Techniken und neu entwickelte Messsysteme, wie z.B. ein neuartiges Hochtemperatur-Bohrlochgeophon oder eine automatische Vertikalbohrkontrolle, erprobt werden.

Der 83 Meter hohe Bohrturm der Kontinentalen Tiefbohrung (KTB) in Windischeschenbach

Nach der Einführung und einem Rundgang durch die Ausstellung mit Exponaten rund um die Bohrung und zu weiterführenden, geologischen Themen begab man sich, ausgestattet mit der nötigen Schutzkleidung, zum ehemaligen Kontrollraum des Bohrturms auf 14 Metern Höhe. Dort erfuhren die Besucher mehr vom mühsamen Geschäft, ein bis zu 9 km langes Bohrgestänge senkrecht in die Erdkruste zu treiben. Mit einem Meter pro Stunde fraß sich die Bohrturbine in die Tiefe. Alle 100 Meter musste der Bohrkopf gewechselt werden, was zur Folge hatte, dass das komplette Gestänge aus dem Bohrloch heraus und mit neuem Bohrkopf wieder zurück befördert werden musste. Ohne Hilfe des sog. Iron Roughneck, einem Roboter zum Verschrauben der Bohrstangen, und einer automatisierten Magazinführung für die Bohrstangen, dem sog. Pipehandler, wäre diese Arbeit erheblich schwieriger gewesen. Zu dem mühevollen Vorantreiben der Bohrung kamen Havarien, bei denen sich Bohrer festfraßen und die Bohrstangen verbogen wurden. Welche Belastungen schon bei normalem, turbinenlosem Betrieb auf dem Gestänge lasteten, wird dadurch klar, dass es sich beim Bohren über die gesamte Länge mehrfach in sich verwand, bis die Drehung den Bohrkopf überhaupt erfasste.

Zum Abschluss der Führung konnten schließlich noch weiterführende Fragen direkt an die betreuende Projektleiterin des GEO-Zentrums und Vulkanologin, Dr. Ulrike Martin, gestellt werden.


Bislang erschienen in:
(23.09.2006) jpg
(23.09.2006) jpg